Holz und andere Formen von Biomasse zählen zu den einheimischen Ressourcen, die einen Beitrag zu einer nachhaltigen Energieversorgung der Schweiz leisten. Doch um diese Energieträger energetisch zu nutzen, sind Transporte notwendig, die bisher in der Regel von Traktoren und Lastkraftwagen durchgeführt werden, die selber fossile Treibstoffe verbrauchen und Treibhausgase wie CO2 ausstossen. Eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL zeigt nun, dass der transportbedingte Treibstoffverbrauch die Nutzung von Biomasse zur Erzeugung von Wärme und Strom nicht in Frage stellt.
Heute dient Waldnutzung in erheblichem Mass der Energiegewinnung, wie ein Blick in die Schweizer Forststatistik belegt: 4.6 Millionen Kubikmeter Holz wurden im Jahr 2019 geschlagen, davon 1.9 Millionen Kubikmeter für die energetische Nutzung. Vom Energieholz entfielen knapp zwei Drittel auf Hackschnitzel und gut ein Drittel auf Stückholz. Nicht nur die Forst-, auch die Landwirtschaft ist in die Energieproduktion involviert: 1.5 Millionen Rinder und 1.4 Millionen Schweine in der Schweiz produzieren erhebliche Mengen an Gülle und Mist. Ein kleiner Teil dieses Hofdüngers wird in Biogasanlagen in Wärme und Strom umgewandelt. «Bei Waldholz und vor allem beim Hofdünger liegt das grösste bisher ungenutzte Potenzial zur energetischen Nutzung von Biomasse brach», sagt Vanessa Burg, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL in Birmensdorf (ZH).
Die energetische Nutzung von Waldholz, aber auch von Hofdünger benötigt allerdings selber wieder Energie. Zum Beispiel für den Transport des Holzes vom Wald in die Sägerei oder die Überführung des Mists vom Hof in die Biogasanlage. Diese Transporte werden heute vorwiegend über die Strasse abgewickelt, mit Fahrzeugen, die Diesel oder Benzin verbrauchen. Ein Team aus WSL-Forscherinnen wollte nun mit Unterstützung der Universität Genf wissen, wie gross der Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen dieser Transporte sind und stellte diese in Bezug zum Strom- und Wärmeertrag, der bei der energetischen Verwertung der Biomasse erzielt wird. Konkret wurden für zwölf verbreitete Transportverfahren (vgl. Textbox und Tabelle 01) die benötigte Energie, die CO2-Emissionen und auch die Kosten errechnet. Für die Länge der jeweiligen Transportstrecken stützten sich die Wissenschaftlerinnen auf Expertenschätzungen bzw. auf anonymisierte Daten des Bundesamts für Landwirtschaft. Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesamt für Energie unterstützt.
Professionelle Transporte brauchen weniger Energie
«Das gelegentlich geäusserte Vorurteil, die energetische Nutzung von Biomasse lohne sich nicht, weil der Transport sehr viel Energie verbraucht, wird durch die Untersuchung klar widerlegt», fasst WSL-Forscherin Vivienne Schnorf ein Hauptergebnis der Untersuchung zusammen. Der Energieaufwand für den Transport macht bei den in der Schweiz üblichen Transportdistanzen tatsächlich nur einen geringen Teil der in der Biomasse enthaltenen Energie aus. Bei Waldholz (Stückholz und Hackschnitzel) beträgt der Energieaufwand für den Transport 0.3 bis 1.5 Prozent der im transportierten Holz enthaltenen Primärenergie. Bei Gülle liegt der Anteil höher, aber immer noch unter 5 Prozent. Mit Blick auf die vier untersuchten Formen von Biomasse kann man feststellen: Der Energieaufwand für den Transport ist bei Hackschnitzeln kleiner als bei Stückholz, und der Transport von Mist lässt sich mit weniger Energie bewältigen als jener von Gülle, es sei denn, der Transport der Gülle erfolgt über Rohrleitungen (vgl. Grafik 02).
Nicht nur bei der Gülle ist der Energieaufwand für die untersuchten Transportverfahren
unterschiedlich gross. Dasselbe Bild zeigt sich in mehr oder weniger ausgeprägtem Mass bei Mist, Hackschnitzeln und Stückholz. Durch Landwirte ausgeführte Transporte brauchen über alle vier Energieträger hinweg mehr Energie pro transportierte Einheit, als wenn professionalisierte Transportunternehmen diese Aufgabe übernehmen. Beim Transport von Stückholz schneiden Forstunternehmen (spezialisierte Dienstleister) besser ab als Forstbetriebe, die für Transporte in der Regel technisch weniger gut ausgestattet sind. Am wenigsten Energie brauchen Privatleute, die ihr Cheminée- Holz im Wald selber abholen (Annahme: 10 Kilometer Transportweg für Hin- und Rückfahrt). Der Einsatz von Sattelschleppern beim Transport von Hackschnitzeln ist trotz grösserer Transportdistanzen von 10 bis 30 Kilometern ähnlich energieeffzient wie derjenige von konventionellen Lastkraftwagen bei Distanzen von 5 bis 10 Kilometern. Verantwortlich dafür ist die wesentlich höhere Ladekapazität der Sattelschlepper.
Weite Transporte werden unrentabel
Die Forscherinnen von WSL und Universität Genf untersuchten neben dem Energieaufwand die CO2-Emissionen des Transports und verglichen sie mit den CO2-Einsparungen, die sich dank Verwendung von Biomasse statt fossiler Energien bei der Energieerzeugung erzielen lassen (vgl. Grafik 03). Die Ergebnisse zeigen, dass der Transport die CO2-Bilanz der energetischen Nutzung von Waldholz nur geringfügig schmälern kann, nämlich in der Höhe von maximal 6 Prozent, wenn Landwirte Stückholz von Laubbäumen transportieren. Beim energetisch seltener genutzten Nadelholz liegt der Maximalwert bei 9 Prozent. Auch bei Gülle und Mist führt die energetische Nutzung unter dem Strich zu einem geringeren CO2-Ausstoss, aber in einem weniger ausgeprägten Mass, da nicht nur beim Transport, sondern auch während der Biogasproduktion kleine Mengen Methan emittiert werden. Laut BFE-Schlussbericht spart die energetische Verwertung von Gülle und Mist immer noch dreimal mehr CO2 ein als der Transport verursacht. Weder der Energieaufwand noch die CO2-Emissionen des Transports, so das Fazit der Untersuchung, sprechen gegen eine energetische Nutzung von Waldholz und Hofdünger. Wenn es einen Punkt gibt, der die Nutzung einschränkt, dann sind es die Transportkosten (einschliesslich der Kosten für Be- und Entladung). Ab einer bestimmten Transportstrecke zum Endverbraucher übersteigen diese Kosten nämlich den Erlös aus dem Verkauf der Bioenergie. Im Bereich des Waldholzes ist dies beim Transportverfahren ‹Forstbetrieb› bereits bei einer Fahrstrecke von 43 Kilometern der Fall. Noch restriktiver ist das Kostenargument bei Gülle: Hier ist der Transport schon bei einem Transportweg von drei Kilometern nicht mehr rentabel. Die Autorinnen der WSL-Untersuchung empfehlen in ihrem Schlussbericht, auf eine Verkürzung der Transportwege und die Erhöhung der Transportmengen hinzuwirken: «Um Biomasse- Transporte weiter zu optimieren, muss man die Planung der Anlagenstandorte verbessern, die Strasseninfrastruktur muss auf Schwerlasttransporte ausgerichtet werden, um die Transportkapazitäten zu erhöhen, und schliesslich sollten kohlenstoffarme oder -freie Treibstoffe eingesetzt werden.»
HINWEISE
Der Schlussbericht zum Forschungsprojekt «Biomass transport for energy in Switzerland:
Costs, energy and CO2 performance of main forest wood and manure transport chains»
ist abrufbar unter: www.aramis.admin.ch/Texte/?ProjectID=44234
Auskünfte zum Projekt erteilt Dr. Sandra Hermle ([email protected]), Leiterin
des BFE-Forschungsprogramms Bioenergie.
Weitere Fachbeiträge über Forschungs-, Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekte
im Bereich Bioenergie finden Sie unter www.bfe.admin.ch/ec-bioenergie.
Zwölf gängige Transportverfahren für Stückholz, Hackschnitzel, Gülle und Mist
Die Forscherinnen von WSL und Universität Genf haben für ihre Studie Exponenten der Forst- und Landwirtschaft nach den Transportverfahren für Waldholz (Stückholz, Hackschnitzel) und Hofdünger (Gülle, Mist) befragt. Die Tabelle veranschaulicht die zwölf wichtigsten Transportverfahren mit den jeweiligen Transportprozessen und den zugrunde gelegten Fahrstrecken. Unter 2 ist das geläufigste Transportverfahren für Stückholz dargestellt, wie es oft von Forstbetrieben genutzt wird: Ein Traktor mit Anhänger fährt leer in den Wald und lädt dort gespaltenes Rundholz von ein Meter Länge mit dem integrierten Kran. Er bringt diese zum Forstbetrieb, wo sie abgeladen und zu ofengerechtem Stückholz zerkleinert werden. Das Stückholz (angenommene Menge: drei Ster) wird an den Kunden geliefert, schliesslich kehrt der Traktor mit leerem Anhänger zum Forstbetrieb zurück.
Das häufigste Transportverfahren für Hackschnitzel ist Nummer 6: Ein Lkw fährt vom Forstbetrieb leer in den Wald. Dort werden die vom Hacker zerkleinerten Hackschnitzel in den Container (angenommene Ladefläche: 40 Kubikmeter) gefüllt und in ein Holzheizwerk bzw. in eine Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlage gebracht. Nach der Entladung fährt der Lkw für eine weitere Lieferung leer in den Wald zurück.
Unter 8 ist das verbreitetste Transportverfahren für Gülle dargestellt: Auf dem Bauernhof wird die Gülle mit der integrierten Pumpe in den Tank des Sattelaufliegers (Annahme: 27 Kubikmeter Volumen) befördert und von diesem zur Biogasanlage gebracht. Die Gülle wird entladen, stattdessen Gärgülle – das Abfallprodukt der Biogasanlage – geladen und anschliessend auf dem Feld ausgebracht. Anschliessend kehrt der Sattelauflieger zur Biogasanlage zurück, um weitere Mengen Gärgülle zu laden und auszubringen.
Schliesslich das häufigste Transportverfahren für Mist (12): Ein Anhänger (Annahme: 15 Tonnen Ladegewicht) wird per Frontlader beladen. Der Mist gelangt zur Biogasanlage, Traktor und Anhänger kehren leer zum Hof zurück. In der zweiten Phase dieses Transportverfahrens holt der Bauer mit dem Güllefass die Gärgülle in der Biogasanlage ab, bringt sie auf dem Feld aus und kehrt mit leerem Tank zum Hof zurück. Dieser Prozess kann sich – wie beim Gülleverfahren – mehrfach wiederholen.
Die Spalte zwischen Verfahren 7 und 8 zeigt kein eigenes Transportverfahren, sondern steht für eine Option: Ein Teil des Energierundholzes wird auf einen Lagerplatz gebracht, der während des Winters zugänglich ist. Von dort aus kommen die drei ‹klassischen› Hackschnitzel-Transportverfahren zum Tragen. BV